Materielle Erinnerungskultur im öffentlichen Raum 1918 bis heute

Call for Papers zur 33. Internationalen Sommerakademie des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs
In Kooperation mit dem Institut für Kulturwissenschaften (IKW) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Wien, 2.–4.Juli 2025, Einreichungen bis 3. 1. 2025 per |mail: an Dr. Sabine Hödl|

Das Jahr 2025 mit seiner Vergegenwärtigung von Ereignissen, die über Europa hinaus global maßgebliche Auswirkungen hatten, bietet Anlass, materielle Erinnerungskultur im öffentlichen Raum aus der gegenwärtigen Perspektive und in einem kritischen Rückblick zu betrachten. Die Sommerakademie diskutiert für den Zeitraum von 1918 bis in die Gegenwart materielle Manifestationen von Erinnerungskultur im öffentlichen Raum zu Menschheitsverbrechen, Verfolgungen und anderen historischen Brüchen. Die Beiträge sollen in der Gesamtbetrachtung einen globalen Vergleich der Formen von Zeichen der Erinnerung an kollektive Katastrophen ermöglichen, wie der Erste und Zweite Weltkrieg, die Shoah und andere Genozide in Europa, den Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki 1945, die Massenmassaker in Kambodscha 1975–79, den Völkermord an den Tutsis in Ruanda 1994 oder die Terroranschläge auf das World Trade Center 2001. Ausdrücklich sollen aber auch Erinnerungszeichen an Verbrechen vorgestellt werden, die eventuell nicht im Fokus der globalen Aufmerksamkeit standen bzw. verdrängt oder verleugnet wurden. Allerdings soll aus Gründen der Tagungskapazität das weite Themenfeld der Museen und deren Konzepte der Memoria und Vermittlung ausgeklammert werden, außer wenn der Bau selbst als Erinnerungszeichen im öffentlichen Raum gedeutet werden kann.

Im kritischen Fokus sollen auch die unterschiedlichen materiellen Manifestationen und Funktionen von Erinnerungszeichen stehen, wie die Bereitstellung von Information, Sichtbarmachung von Verschwundenem, Bewusstmachung von verdrängten und verleugneten Ereignissen und die Erinnerung an Personen und Kollektive. Mit der Errichtung dieser Erinnerungszeichen sind aber auch Fragen nach der politischen Absicht, der Repräsentation von Anliegen verbunden, die von Selbstreflexion und Anerkennung von Schuld bis zur Verschleierung und Ablenkung reichen können. Sehr willkommen sind daher auch Proposals zu politischen Kontroversen um Mahnmale zu verleugneten oder lange marginalisierten Menschheitsverbrechen, wie beispielsweise dem Genozid an den Armeniern 1915/16 (Aghet) oder an den Roma und Sinti (Porajmos/Samudaripen).

Die Sommerakademie lädt ein, folgende Fragen entweder als übergreifende Themen oder anhand konkreter Beispiele zu diskutieren:

  • Aufgrund welcher Prozesse manifestierte sich in den jeweiligen historischen Kontexten Erinnerungskultur im öffentlichen Raum und wie veränderte sie sich? Wurden Angehörige der betroffenen Gruppe involviert?
  • Welche „Trends“ lassen sich bezüglich der Form und Gestaltung in den unterschiedlichen historischen Kontexten feststellen, etwa raumgreifende Installationen/Mahnmale versus unauffällige kleine Tafeln, Auflistung von Opfernamen, Materialien…?
  • Wie werden materielle Spuren und Hinterlassenschaften von Gewalt durch Erinnerungszeichen gerahmt, dargestellt und übersetzt?
  • Lassen sich Entwicklungen in der Wechselwirkung zwischen historischer Bausubstanz und Erinnerungszeichen feststellen? Wurde die lokale Bevölkerung einbezogen?
  • Wurden Orte des „wilden Gedenkens“, also der unorganisierten, spontanen und individuellen Aneignung von Gedenkorten geschaffen bzw. erfolgte in diesem Sinne die Aneignung, Veränderung oder gar Zerstörung bereits etablierter Erinnerungszeichen?
  • Welche Konzepte und Werkzeuge zur Zugänglichmachung von Erinnerungszeichen wurden entwickelt, wie z. B. Barrierefreiheit, einfache Sprache oder auch die digitale ortsunabhängige Zugänglichkeit?

Wir freuen uns auf Ihre Abstracts (max. 300 Wörter) sowie eine Kurzbiografie inkl. Publikationen (max. 300 Wörter) und bitten Sie, diese bis 3.1.2025  per |mail: an Dr. Sabine Hödl| zu senden. Den Referentinnen und Referenten steht eine halbe Stunde Rede- und 15 Minuten Diskussionszeit zur Verfügung. Die Tagungsorganisation übernimmt für Vortragende die Reise- und Hotelkosten. Eine Publikation wird erwogen.